lesben im mittelalter
Um zu beginnen, der Begriff „lesbisch“ oder „Lesbe“ stellt an sich einen Anachronismus dar.
Der historisch korrekte Begriff wäre wohl „weibliche Sodomie“.
Es gibt eine große Frage, die dieses Thema aufwirft:
Warum sind so viele Fälle von gleichgeschlechtlicher, männlicher Sexualität und deren Strafverfolgung bekannt
und warum so wenige von Frauen?
Um genau zu sein,
fanden Historiker nur 12 Fälle
von gleichgeschlechtlichen sexuellen Beziehungen unter Frauen im ganzen mittelalterlichen Zeitraum.
Die wenigen Quellen, die sich mit weiblicher Homosexualität befassen,
sind fast ausschließlich religiös und von Männern niedergeschrieben.
Eine der erste Schriften, die sich damit befasst, ist das Schreiben vom Heiligen Paulus an die Römer:
„Frauen, die ihre natürlichen Beziehung gegen unnatürliche austauschten, und Männer die gleichwohl ihre natürlich Beziehungen mit Frauen aufgeben und sich mit Leidenschaft anderen Männer zuwenden (…) werden bestraft.“
Obwohl Paulus nicht eindeutig auf lesbische Beziehungen eingeht, macht er deutlich, dass es sich um eine sündige Wahl handelt und auch alle Frauen bestraft werden, vor allem durch Gottes Willen.
Die Kunst kann auch als historische Quelle angesehen werden.
In diesem Bild einer illustrierten Bibel wenden sich gleichgeschlechtliche Paare zu, ermutigt durch Kreaturen der Hölle, die sie näher zusammenführen.
Hier wird deutlich, dass im mittelalterlichen Glauben die Annäherung von Frau zu Frau und Mann zu Mann als Sünde galt und vom Teufel begünstigt.
Aus der Sicht der Legislative jedoch, scheint es bis zum
Constituto Criminalis Carolina,
dem ersten deutschen Strafgesetzbuch 1532,
keine Legislatur zu geben,
die weibliche sexuelle Beziehungen verbietet, ja noch nicht einmal anerkennt,
dass sie existieren.
Um das nachzuvollziehen müssen wir als Erstes die mittelalterliche Sicht auf das Thema Sexualität verstehen.
In der damaligen Welt stand der Mann im Zentrum, alles andere war darum positioniert, so auch die Frauen.
Allgemein wurden Frauen als sexuell passiv angesehen, was auch bei der Wortwahl verschiedener Bußschriften zu erkennen ist:
„Die Strafe für einen verheirateten Mann, der sich mit einer verheirateten Frau versündigt (…)“
Es ist folgend nirgendwo die Rede von „einer verheirateten Frau, die sich mit einem verheirateten Mann versündigt“, was demonstriert, dass die sexuelle Annäherung vom Mann ausging.
Um überhaupt so etwas wie Sex zu haben galt die verbreitete Meinung, dass ein männliches Glied vonnöten ist.
Solange also kein penisähnliches Objekt benutzt wurde, hatten die Beteiligten gar keinen Sex aus der damaligen Sicht.
Aus diesem Grund kam es 1477 in Speyer überhaupt zu Gericht, auf der Anklagebank Katherina Hetzeldorfer’s.
Das Gericht blieb nebenbei bemerkt blieb titellos.
Niemand wagte oder wusste scheinbar diesem Thema einen Namen zu geben,
was betont, wie wenig geläufig solche Fälle im Mittelalter waren.
Katherina wurde dafür angeklagt,
ein Instrument zu benutzen:
Ein Stück Holz, dass sie zwischen ihren Beinen hielt.
Aus diesem Grund wurden ihre Handlungen mit der anderen Frau anerkannt als Sex.
Die Verhandlung konzentrierte sich hauptsächlich darauf, dass Katherina eine maskuline Rolle angenommen hat.
Das war der Schwerpunkt, weswegen sie letztlich hingerichtet wurde.
Zum Abschluss:
Gewiss gab es im Mittelalter ebenso viele Frauen, die Frauen liebten und auch sexuell von ihnen angezogen waren wie heute.
War auch sonst alles wesentlich schwieriger in der damaligen Zeit für die Frauen, hatten sie in dieser Sicht viele Möglichkeiten, ihre Vorliebe zu verbergen.
Zum einem schliefen Frauen immer zusammen in einer eigenen Kammer. So konnten sie sich also jede Nacht annähern, vollkommen ungestört von jedwedem Mann.
Überhaupt verstanden sich Frauen darauf, fast immer unterdrückt und beherrscht vom Mann, auf bemerkenswerte Weise hinter den Rücken der Männer zu agieren.
Und selbst wenn ein Mann sie erwischte, solange kein penisähnlicher Gegenstand mit von der Partie war, nahm dieser gar nicht an, dass die Frauen gerade Sex hatten.
Hinzu kommt die weit verbreitete Meinung, dass Frauen nicht imstande waren, sexuelle Lust zu empfinden.
Mochte also die Liebe zweier Frauen aus unserer Sicht noch so eindeutig sein, wurde sie von den Männern der damaligen Zeit gar nicht erkannt, weil es nicht vereinbar war mit ihrem Weltbild.
Es bleibt uns also größtenteils geheim,
was sich alles unter den Decken zwischen Frauen im Mittelalter abgespielt hat.
Eine Liebe im Mittelalter, die ein kaltes, dunkles Ende findet.
bedeutet auf Latein:
Seele, dem Mond zugehörig
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Gerhard Helzel (Montag, 16 März 2020 16:42)
Es muß heißen
Constitutio Criminalis Carolina, nicht Constituto.
Sonst sehr interessante Seite.